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Organisationsdynamik verstehen: Was bedeutet eine Krise für meine Organisation?

Organisationsdynamik verstehen: Was bedeutet eine Krise für meine Organisation?

Wir schreiben das Jahr 2021. Covid-19 prägt unseren Alltag, unser Arbeitsleben, unser Sozialleben, einfach unser komplettes Leben. Das Thema „Corona“ schwingt zwischenzeitlich, bewusst oder unbewusst, in jeder Begegnung und in jedem Gespräch, in welcher Form auch immer, mit.

Matthias Horx als deutscher Publizist und Zukunftsforscher schätzt die Auswirkungen der Corona Krise so ein: „Es wird nie wieder so werden, wie vor der Krise[…]. Die Menschheit hat sich immer so bewegt: In Krisen ist sie aktiviert, herausgefordert worden, sich selbst zu verändern und neue Systeme zu öffnen.“

Damit gilt es zunächst einmal zu klären, was unter dem Begriff „Krise“ verstanden wird. Im Duden wird unter Krise eine „[…] schwierige Lage oder Situation beschrieben, die den Höhe- und Wendepunkt einer gefährlichen Entwicklung darstellt.“

In diesem Blogartikel soll ein Erklärungsansatz beschrieben werden, der den organisatorischen Wandel unter dem Einfluss von Krisen erklärt.

Grundsätzlich wachsen Organisationen über einen langen Zeitraum evolutionär, ohne große Zwischen­ereignisse. Dieser Zeitraum ist geprägt von einer spezifischen Kultur und Philosophie, sowie von bestimmten Strukturen und Prozessen. Meist eingeleitet durch eine Krise, folgt auf die lange evolutionäre Phase eine kürzere, revolutionäre Phase. Diese Phase verändert die Organisation grundlegend. Die Krise kann durch interne oder externe Einflüsse ausgelöst werden.

In der aktuellen Corona-Krise wird sehr häufig von Resilienz gesprochen. Resilienz im Kontext von Organisationen ist dabei nichts anderes, als die Fähigkeit einer Organisation, flexibel auf solch eine Störung zu reagieren und sich den geänderten Rahmenbedingungen erfolgreich anzupassen.

In der Literatur existieren unterschiedliche Modelle, die Organisationsdynamik im Kontext von Wachstum und Krisen zu erklären. Ein bekannter Ansatz ist dabei das Modell von Knut Bleicher, einem St. Galler Managementwissenschaftler. Insgesamt bestehen dabei sechs Phasen, die immer wieder durch eine Krise unterbrochen werden. Das Modell wird nachfolgend kurz vorgestellt und wird ihnen dabei helfen, auch ihre Unternehmensentwicklung besser zu verstehen.

 

INNERE UNTERNEHMENSENTWICKLUNG

Zu Beginn einer Unternehmensgründung steht eine Idee. Aus dieser Idee reift ein Service oder ein Produkt, welches am Markt platziert wird und im Optimalfall nach und nach für mehr Umsatz sorgt. Das Organisationsprinzip zu Beginn ist geprägt von einem „kreativen Chaos“. Bedingt durch schnelles Wachstum werden mehr Ressourcen benötigt. Das Unternehmen wächst selbst und wird größer. Eine gewisse Standardisierung von Abläufen und Strukturen wird benötigt. Meist handelt es sich in dieser Phase noch um ein Unternehmen mit nur einem Produkt oder Service.

Daher bietet es sich an, das Unternehmen funktional zu gliedern. Durch die damit verbundene Zentralisierung von Entscheidungen, fehlt die Zeit für die strategische weitere Ausrichtung.

Nach Bleicher folgt auf die Phase der Markterschließung daher die Diversifikation, in der neue Erfolgspotenziale aufgebaut werden sollen. Aus struktureller Hinsicht ist es zunehmend vorteilhaft, die Organisation divisional auszurichten.

Die Erfolgslast verteilt sich nun auf mehrere Schultern bzw. Produkte und Services. Indes steigen die internen Konfliktpotenziale, insbesondere zwischen dezentralen und zentralen Organisationseinheiten. Produkte und Services die zunehmend weniger mit dem ursprünglichen Kerngeschäft zu tun haben, bieten Krisenpotenzial. Die Diversifikationsphase schließt nach Bleicher die Phasen der „inneren Unternehmensentwicklung“ ab und ein Übergang findet statt, zur äußeren Unternehmensentwicklung.

 

ÄUSSERE UNTERNEHMENSENTWICKLUNG

Ähnlich wie bei der Diversifikation sollen neue und ertragreiche Geschäftsfelder und Märkte er­schlossen werden. Jedoch dies findet im Gegensatz zur vorausgehenden Phase durch anorganisches Wachstum und Kooperationen statt, da die Organisation selbst an die Grenzen der eigenen Wachstumsmöglichkeiten stößt. Die optimale Struktur dafür ist meist eine Holding- oder Matrixorganisation. Zu den größten Hürden gehören meist unterschiedliche Unternehmenskulturen oder der fehlende Fokus auf das operative Geschäft, durch die Fokussierung auf die strategische Weiterentwicklung. Oftmals folgt auf diese Phasen die Notwendigkeit einer Restrukturierung.

INNERE UND ÄUSSERE UNTERNEHMENSENTWICKLUNG

Die Restrukturierung bildet nach Bleicher die letzte Phase im Modell ab. Dabei kann sowohl nach innen, als auch nach außen eine Unternehmensentwicklung notwendig sein. Nicht mehr zukunftsträchtige Geschäftsfelder sollten aufgegeben werden. Dadurch soll ein Rückschritt in eine der vorausgehenden Phasen stattfinden. Folgende Möglichkeiten der Restrukturierung sind dabei möglich:

 

  • Rightsizing hin zu einer „gesunden“ Unternehmensgröße
  • Aufgabe der Autonomie
  • Management-Buy-out

Das Modell geht von zeitlich gegliederten Wachstumsphasen und Krisensituationen aus. Grundsätzlich wird jedoch nicht davon ausgegangen, dass jede Phase zwangsläufig durchlaufen werden muss.

Was bringt uns dieses Modell nun in Bezug auf die aktuelle Krise?

Je nachdem, in welcher Phase sich nun ein Unternehmen befindet, kann es unterschiedlich auf die Krise reagieren. Ein Start-up beispielsweise mit einer frischen Idee, wird keine Restrukturierung im klassischen Sinne anstreben, um erfolgreich weiter zu wachsen. In dieser ersten Phase wird es primär darum gehen, den Umsatz zu steigern. Hingegen ein Unternehmen mit einer längeren Unternehmens­historie, größerem Umsatz, mehr Ressourcen, welches nun aber bedingt durch die Pandemie Umsatzverluste zu verzeichnen hat, wird den Ausweg eher in der Gesundschrumpfung und in Effizienz­steigerungs­programmen sehen.

Dieser knapp dargestellte Erklärungsversuch hilft dabei, die eigene Organisationsdynamik besser zu verstehen. Darüber hinaus gilt nun nicht nur die aktuelle Organisation zu verorten, sondern diese bestenfalls auf einen stabilen und evolutionären nächsten Entwicklungsschritt zu heben. Dabei ist jede Organisation individuell. Mit unserem Blick von außen stehen wir Ihnen dabei gerne als Sparringspartner zur Verfügung und zeigen Ihnen gerne Ihre Möglichkeiten auf, wie Sie Ihr Unternehmen aus der Krise führen können.