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Homeoffice – Chance und Herausforderung

Homeoffice – Chance und Herausforderung

Der abrupte Wechsel aus einem klassisch organisiertem Büroalltag in ein, zumeist nicht dafür ausgelegtes, Homeoffice hat viele Arbeitnehmer und auch deren Organisationen vor große Herausforderungen gestellt. Doch mit diesen Herausforderungen sind auch viele Chancen Hand in Hand gekommen. Im folgenden Beitrag versuche ich Ihnen aufzuzeigen, dass zwischen Kinderbetreuung und Teams-Call auch Möglichkeiten für die Weiterentwicklung unserer Arbeit lauern.

Seit über einem Jahr befindet sich Deutschland im Lockdown und somit auch ein Großteil der Arbeitnehmer im Homeoffice. Dies führt vielerorts zu leerstehenden Büroräumen, zu verschimmelten Joghurtbechern in Firmenkühlschränken und langsam verkalkenden Kaffeemaschinen. Grundsätzlich war kaum ein Unternehmen auf diese Situation vorbereitet.

Viele Arbeitnehmer hatten hier und dort schon einmal von zu Hause gearbeitet, die Regel war dies jedoch nicht. So hat man früher den Küchentisch oder Schreibtisch des Kindes kurzerhand mal an einem Freitag als Arbeitsplatz umdeklariert und das Notebook-Ladekabel einfach in die Steckdose gesteckt und los ging der Tag Homeoffice.

Im März letzten Jahres ergab sich jedoch eine andere Situation. Es hieß erstmal für alle, bei denen es möglich war, „ab nach Hause und arbeitet erstmal von da, den Rest schauen wir dann“. Aus „erstmal“ wurde dann schnell „bis auf weiteres“ und dieser Zustand zieht sich bei einigen schon über 14 Monate. Es musste neben der notwendigen Infrastruktur – Notebook, Maus und Tastatur, Bildschirm, ggf. Handy – auch ein Arbeitsplatz geschaffen werden. Ein Ort zum Arbeiten, an dem Ort, an dem man eigentlich wohnt. Dies hat viele Familien vor große Herausforderungen gestellt, vor allem in den Fällen, in denen beide Partner ins Homeoffice „geschickt“ wurden.

Neben der Tatsache, dass der neue Arbeitsplatz nun nur noch wenige Meter vom heimischen Sofa entfernt ist, mussten auch weitere Herausforderungen in Bezug auf die eigene Arbeitsorganisation gemeistert werden.

  • Wie organisiere ich meine tägliche Arbeit, wird mir die Gruppendynamik meines Teams, die dummen Witze meines Sitznachbarn fehlen?
  • Kann ich von zu Hause überhaupt produktiv arbeiten oder lenken mich die vollen Windeln meines Kindes während der Vorstandspräsentation ab?
  • Wie kann ich mich positiv präsentieren und meine Stärken weiterhin ausspielen, wenn ich nur noch eine Stimme von vielen in der total überlasteten Skype-Sitzung bin?

Die meisten Herausforderungen, die im eingeschwungenem Homeoffice-Dasein auftauchen, drehen sich oft um einen strukturierten Arbeitstag. Es ist wichtig, die Arbeit von Daheim mit der gleichen Seriosität wie im Büro anzugehen:

Best Practices für ein erfolgreiches Homeoffice-Erlebnis

 

Sitzen Sie nicht in Jogginghose vor dem Notebook, außer Sie sind Spieler eine Bundesligamannschaft und Ihr Homeoffice umfasst ein Sportprogramm. Nutzen Sie die gewonnene Zeit, die früher für den Arbeitsweg eingeplant war, um Ihre Arbeitsaufgaben zu strukturieren und E-Mails in Ruhe abzuarbeiten. Versuchen Sie auch zu Hause, eine Trennung zwischen Ihrem Arbeitsalltag und dem Privatleben aufrechtzuhalten. Wenn Sie nicht den Luxus eines eigenen Arbeitszimmers zu Hause haben, räumen Sie nach getaner Arbeit Ihre Arbeitsutensilien beiseite, um auch geistig abschalten zu können und nicht permanent mit den noch offenen To-Dos der Arbeitswoche konfrontiert zu sein.

 

WORK-LIFE-BALANCE SELBSTGESTALTEN

Neben den vielen Herausforderungen, die das Homeoffice mit sich bringt, lässt es auch viele Chancen für den modernen Arbeitnehmer entstehen. Die wohl größte davon ist die Tatsache, dass man als Arbeitnehmer die oft angepriesene „Work-Life-Balance“ mehr denn je in seinen eigenen Händen hält. Nie zuvor konnte ein Arbeitnehmer selbst darüber bestimmen, wie und wann er seine Tätigkeiten plant und ableistet.

 

Ich zum Beispiel habe das Glück, jeden Morgen um 8 Uhr meine Tochter in den Kindergarten zu bringen und trotzdem davor meine Team-Regelrunde um 7:30 Uhr zu leiten – diese täglichen 30 Minuten Extra mit meiner Tochter, wären ohne eine größtenteils digitale Arbeitsweise nicht möglich, da ich um 7:30 Uhr diese Regelrunde physisch im Büro moderieren würde.

 

Neben der großartigen Möglichkeit auch am Tag mit seiner Familie zu interagieren, ein gemeinsames Mittagessen zu haben oder einfach bei einem Kaffee am Nachmittag kurz über dies oder jenes zu reden – können Sie die Be- und Erarbeitung Ihrer Einzelaufgaben optimal planen und organisieren.

Die Gefahr bzw. Herausforderung liegt natürlich in der zuvor erwähnten Balance der zwei Welten, bleiben Sie während Ihres Arbeitstages weiterhin voll fokussiert und effizient – aber planen Sie auch Ruhephasen ein und arbeiten Sie nicht auch noch die Zeit durch, die Sie früher als Arbeitsweg eingeplant hatten.

Eine weitere Chance für jeden engagierten Arbeitnehmer ist die Eigeninitiative. Diese Art und der Umfang der Heimarbeit ist für uns alle neu und bietet viele Möglichkeiten der Verbesserung – also nutzen Sie diese. Ob es jetzt Optimierungsvorschläge für die Prozesse und Abläufe im Team sind, Konzepte, um Themen digital zu bearbeiten, die früher zwanghaft in Person stattfinden mussten oder ob es einfach eine Idee für den nächsten digitalen Teamabend sind, z.B. die virtuelle Weinprobe – nutzen Sie die Möglichkeit, Ihren Fußabdruck auf diesem unberührten und wenig erkundeten Terrain zu hinterlassen.

 

HOMEOFFICE ALS TRIGGER FÜR DEN CHANGE-PROZESS

Doch auch für die Arbeitgeber, die Unternehmen ist diese Situation alles andere als vertraut oder gar vorbereitet. Viele Unternehmen funktionieren durch die Erfahrungen der langjährigen Mitarbeiter, die die geheimen Abkürzungen durch die Prozess-Jungles der Unternehmensabläufe kennen. Die Mitarbeiter, die wissen, welchen Kollegen man am besten beim gemeinsamen Mittagessen um eine Priorisierung der Aufgaben fragt und welche Kollegin „mal kurz etwas nachgucken kann“. Doch diese, auf persönlichen Interaktionen basierenden Abkürzungen, kommen in einer Welt voller Teams-Meetings, Massen-E-Mails und Dauerterminen an ihre Grenzen. In diesen Fällen fallen Defizite in der eigenen Prozesswelt schnell auf und müssen ebenso schnell beseitigt werden.

Dies ist wiederum auch als Chance zu verstehen: Nutzen Sie die Anregungen Ihrer Mitarbeiter, um Prozesse, Abläufe und sogar Strukturen zu überdenken. Es wird Zeit diese Schattenprozesse, die Trampelpfade abseits der ausgeschilderten Prozessfelder zu pflastern und somit die Arbeit für alle zu optimieren.

New-Work-Ansätze

 

Doch während man diese Optimierungen sucht, plant und versucht umzusetzen, ist es wichtig, den Kontakt und die Identifikation seiner daheim sitzenden Belegschaft mit dem Unternehmen aufrecht zu erhalten. Achten Sie darauf, dass Ihre Mitarbeiter nicht zehn Stunden am Tag Aufgaben abarbeiten und durchgängig in digitalen Meetings sitzen. Versuchen Sie sie, auch wenn es nur digital ist, in Runden einzubinden, die den USP Ihres Unternehmens widerspiegeln. Lassen Sie die Arbeit, die fern Ihrer Firmenzentrale geleistet wird, nicht beliebig werden, sondern versuchen Sie, die Identifikation mit Ihrem Unternehmen und Ihren Werten weiter auszubauen.

Diese erwähnte Distanz, diese physische und zum Teil auch emotionale Distanz, bietet Ihnen auch die Möglichkeit, Veränderungen anzustoßen:

  • Wollten Sie schon immer New-Work-Ansätze implementieren?
  • Kleinere oder größere Organisationsänderungen vornehmen?
  • Optimierungen in Ihren Prozessen und Arbeitsweisen umsetzen?

Für all dies und noch mehr ist ein Re-Start der Präsenzarbeit eine großartige Möglichkeit. Das Gefühl, wenn das gesamte Unternehmen wieder in voller Stärke in das Büro strömen wird, wird für jeden Mitarbeiter ein wenig wie der erste Arbeitstag sein und genau dieses Gefühl des Aufschwungs und des Neuanfangs können Sie nutzen, um Neuerungen einzuführen. Die ablehnende bzw. skeptische Haltung, die oft einen Change-Prozess begleitet, dass Sie ein mehr oder minder eingeschwungenes System zu verändern drohen, kann sich nicht so stark ausprägen wie zuvor.

 

FAZIT

Zusammenfassend möchte ich Ihnen folgendes mitgeben: Als Kollege im Geiste der zu Hause am Küchentisch seine Homeoffice-Zentrale aufgebaut hat, machen Sie das Beste daraus – bauen Sie Ihr Privatleben optimal in den Arbeitsalltag ein, ohne Ihre Produktivität zu verlieren und versuchen Sie Ihre und die Arbeit Ihres Teams weiter zu verbessern.

Und Unternehmen möchte ich sagen, verkaufen Sie nicht gleich all Ihre Bürogebäude nur weil Ihre Mitarbeiter auch im Homeoffice produktiv sind. Komplexe Projektarbeit bzw. Zusammenarbeit lebt vom persönlichen Austausch. Nutzen Sie vielmehr den Neustart der Industrie als Chance Veränderungen anzustoßen.